Ein stilisierter agiler Workflow bläst sich zu ungeahnter Größe auf.
Agile

Agiles Arbeiten im Großprojekt: Erfolge und Herausforderungen

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Für viele Unternehmen steht beim agilen Arbeiten vor allem der Wunsch nach Flexibilität und schnelleren Ergebnissen im Fokus. Doch kann agiles Arbeiten auch in einem komplexen Großprojekt funktionieren? Und vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen hier?

Zusammen mit Wintershall DEA arbeitet inovex in mittlerweile über 100 Sprints erfolgreich zusammen. Über diese Zeit hat sich das Projekt, die Organisation und auch die Zusammenarbeit immer weiter gewandelt – ausgerichtet an agilen Prinzipien.
Ziel der langjährigen Zusammenarbeit ist die Zusammenführung und zentrale Verwaltung von allen Daten, die in der Produktion/Förderung anfallen, in einem Data Hub. Das Produkt soll weltweit von allen Unternehmensbereichen genutzt werden können. Entsprechend hoch ist die Anzahl der Stakeholder.

Agiles Arbeiten braucht Struktur

Hinter einem Großprojekt wie dem Data Hub steht häufig auch ein großer Konzern. Sobald sich ein so großes Unternehmen dazu entscheidet, agil zu arbeiten, bedeutet das nicht nur ein neues Framework/Vorgehensmodell für ein Projekt einzuführen, sondern auch die Organisation für die agile Arbeit zu sensibilisieren. Das beginnt bei den Entwickler:innen, muss sich aber über den Product Owner auch bis zu den Stakeholdern im Unternehmen fortsetzen.

Bei Wintershall DEA hat der Einsatz eines erfahrenen Scrum Masters dazu geführt, dass alle Beteiligten die Regeln des agilen Arbeitens verstehen und umsetzen. Dazu gehört unter anderem die Einführung der Scrum Events, inklusive Planning, Daily, Review und Retrospektive.

„Seit meinem ersten Kontakt mit dem Data Hub und dem Team, das dahinter steht, werde ich immer wieder positiv überrascht, wie schnell, effizient und professionell nach Lösungen gesucht wird und diese auch umgesetzt werden. Bis heute hat mir dieses engagierte Team noch in jeder Situation die richtige Lösung anbieten können, wenn es darum ging, den Hunger nach Daten zu stillen“, erklärt Philipp Winter, Wintershall DEA.

Bei Zweifeln: Agile Budgeting

Für Unternehmen, die ihre Wurzeln in der klassischen Projektführung haben (und im Fall von Wintershall DEA auch abseits des Data-Hub-Projekts weiterhin mit klassischen Projektmanagement arbeiten), kann der Umstieg in die agile Projektwelt eine Herausforderung sein. Die vielen Termine können als Zeitverschwendung wahrgenommen werden – immer mit der Befürchtung, es wäre verlorene Zeit, in der nichts produziert wird. Ein Weg, mit diesen Zweifeln umzugehen, ist offene Kommunikation darüber, welche Vorteile sich aus der agilen Struktur für den Projektverlauf ergeben. Dazu gehört sicherlich auch die Transparenz, die mit den Regelterminen (außer Retrospektiven) verbunden ist. Hier sind alle eingeladen, die Backlogs und Boards einzusehen und sich ein Bild des Arbeitsstands zu machen.

Zudem kann durch Agile Budgeting weiter Vertrauen geschaffen werden. Dabei wird das Projekt in der Anfangsphase nach einer vorher festgelegten Zeit kritisch hinterfragt und überprüft, ob die agile Zusammenarbeit erste Erfolge zeigt. Im Fall von inovex und Wintershall DEA hat Agile Budgeting zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit geführt, die mittlerweile über 100 Sprints (das sind rund vier Jahre) erfolgreich fortgeführt wird.

Kommunikation mit den Stakeholdern

Eine besondere Herausforderung, in einem Großprojekt wie dem Data Hub von Wintershall DEA agil zu arbeiten, besteht in der Stakeholder-Kommunikation. In einem Projekt, das international aufgestellt ist und viele Produktbereiche miteinschließt, kann auch die Anzahl der Stakeholder des Produkts stark ansteigen. Bei Wintershall DEA gibt es über 200 Stakeholder, die am Produkt teilhaben (aber natürlich nicht an jedem Review teilnehmen und zeitweise auch in den Hintergrund rücken).
In der klassischen Projektplanung haben diese Stakeholder ihre Anforderungen an das Produkt dokumentiert und diese Aufzeichnungen an das Entwicklungsteam weitergegeben. Im agilen Projekt bekommen die Stakeholder in Reviews den aktuellen Stand vorgestellt und haben die Möglichkeit, Anpassungswünsche zu kommunizieren. Der Product Owner steht ihnen als Verbindung zum Entwicklungsteam zur Verfügung.

Wenn es schwierig ist, Stakeholder von diesem Arbeitsmodus zu überzeugen, ist es die Rolle von Product Owner und Scrum Master, die Entwickler:innen zu schützen und einen Kompromiss zu erzielen. Die große Anzahl der Stakeholder bei Wintershall DEA hat so zum Beispiel dazu geführt, dass ergänzend zum normalen Review Einzeltermine aufgesetzt wurden, um auf einzelne Stakeholder besser eingehen zu können.

Bei zunehmender Teamgröße bietet Fluid Scrum einen Weg

In einem Großprojekt können auch die Teamgrößen eine zentrale Rolle spielen. Noch lange bevor ein Scaled Agile Framework (SAFe) eingesetzt wird, kann es jedoch nötig sein, ein Team durch seine Größe aufzuteilen. Da im Team von inovex und Wintershall DEA die Zusammenarbeit sehr gut lief und man das Team nicht teilen wollte, sind die Unternehmen einen anderen Weg gegangen. Sie haben sich für Fluid Scrum entschieden. Beim Fluid Scrum definiert der Product Owner mit dem Team Focus Areas, die im Sprint bearbeitet werden. Bei jedem Sprint kann sich das Team auf neue Focus Areas aufteilen. So mischt sich das Team regelmäßig durch. Weitere Vorteile sind, dass der Teamgedanke gefördert wird und die einzelnen Entwickler:innen mehr Bewusstsein für das gesamte Projekt aufbauen. Gleichzeitig haben Stakeholder mehrere Ansprechpartner:innen, da alle aus dem jeweiligen Fluid Scrum Team auskunftsfähig sind.

„inovex verfügt über ein großes, vielseitiges Team, das sehr strukturiert arbeitet und Lösungen findet, die eng auf den Kunden abgestimmt sind. Die eng verzahnte Arbeitsweise ist ein absolutes Plus, sie schafft Vertrauen und eine positive Arbeitsatmosphäre“, freut sich Frank Guthke, Global Production Operational Excellence bei Wintershall DEA.

Wichtige Erkenntnis: Organisation muss Agilität unterstützen

Auch wenn im Rahmen des Projekts agile Arbeit möglich ist, sollten Unternehmen trotzdem ein Gefühl dafür entwickeln, wie agil der Rest des Unternehmens ist. Außerhalb des Projekts können Stakeholder existieren, die keinen Veränderungswunsch haben und keine Probleme mit dem Wasserfall-Modell haben. Daher sollten Unternehmen, die agiles Arbeiten einführen möchten, auch die Veränderungsbereitschaft der Stakeholder im Blick haben.
Ein erster Schritt, um Veränderungen anzustoßen, ist das Thema „Agilität“ mit Leben zu füllen. Es darf nicht einfach eingeführt werden, weil es „alle anderen auch machen“. Die agilen Werte sollten vermittelt und das Framework erklärt und dann auch angewendet werden. So kann ein Projekt entstehen, das sich auch über mehrere Jahre entwickeln und gedeihen kann. Gleichzeitig können die positiven Erfahrungen der Stakeholder dazu führen, dass sie zu Multiplikatoren werden, die ebenfalls agil arbeiten.

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